Stellwerk

2. September 2017

Noch immer wird Berg am Laim häufig als „Eisenbahnerstadtteil“ bezeichnet. Wäre es zwar nicht ausreichend, die Geschichte des Stadtteils auf diesen Aspekt zu verkürzen, so nimmt die Eisenbahn eine wichtige Rolle in der Entwicklung Berg am Laims ein und prägt es bis heute.

Die Eröffnung des Ostbahnhofes und der Bahnstrecke nach Rosenheim im Jahr 1871 stellt gleichsam den Beginn der Geschichte der Eisenbahn in Berg am Laim dar. Jedoch blieb es bei Weitem nicht dabei, dass Berg am Laim lediglich unmittelbar an einer Bahnstrecke lag: Denn in den 1920er Jahren wurden mit dem Rangierbahnhof und dem Bahnbetriebswerk München Ost auf Berg am Laimer Flächen zwei Einrichtungen geschaffen, die die Entwicklung Berg am Laims in den folgenden Jahrzehnten stark prägen sollten.

Für die zahlreichen Beschäftigten der Bahn wurde nun schließlich auch Wohnraum gebraucht. So kam es, dass zum Beispiel an der Ecke Berg-am-Laim-Straße/Leuchtenbergring ein großer, urbaner Wohnblock und entlang der Truderinger Straße zwischen Straße und Gleisen eine ganze neue Siedlung für die Eisenbahner errichtet wurden. Letztere ist noch heute in Berg am Laim als „Eisenbahnersiedlung“ bekannt.

Ostbahnhof
Mit dem Bau des Ostbahnhofes begann die Geschichte der Eisenbahn in Berg am Laim. Heute ist er wichtiger Verkehrsknoten. Foto: Unser Berg am Laim

 

Die gute verkehrliche Erschließung mittels der Eisenbahn hatte aber noch eine weitere Folge, zog sie doch auch zahlreiche Industriebtriebe an, die sich außerhalb der damaligen Stadtgrenzen Münchens entlang der Gleise niederließen und dabei von den dort vergleichsweise günstigen Bodenpreisen profitierten. Viele Unternehmen errichteten Fabriken und Lagergebäude mit direktem Zugang zum Schienennetz.

Den Zusammenhang von Schienen und Industrie kann man heute etwa noch auf dem Gelände der ehemaligen Cognacbrennerei „Macholl“ und dann Bundesmonopolverwaltung für Branntwein nachvollziehen. Die Industriegebäude an der Neumarkter Straße, oberhalb des Leuchtenbergrings, verfügen noch immer über einen direkten Schienenanschluss.

Auch im neu entstehenden Werksviertel finden sich Gleisüberreste, die vor einigen Jahrzehnten einmal die Pfanni-Werke sowie den Motorradhersteller Zündapp über das Schienennetz mit zahlreichen Städten Europas verbanden.

Die Geschichte der Eisenbahn in Berg am Laim ist allerdings nicht nur mit wirtschaftlichem Aufschwung, sondern auch mit großem Leid verbunden. Am letzten Tag des zweiten Weltkriegs – dem 8. Mai 1945 – kam es auf dem Rangierbahnhof München Ost zu einem schweren Eisenbahnunfall, bei dem elf Menschen ihr Leben verloren. Nachdem der Zugverkehr aufgrund der Kriegszerstörungen zum Erliegen gekommen war, standen im Rangierbahnhof an diesem Tag zahlreiche Züge, deren Ladegut nicht bekannt war. Bei der Plünderung dieser Züge entzündete sich einer davon, der Sprengstoff, Granaten und Munition geladen hatte. Die Druckwelle war so groß, dass rund 70 % der Wohnungen der Eisenbahnersiedlung an der Truderinger Straße dadurch beschädigt wurde.

Bahn
Die Bahn prägt auch heute noch Berg am Laim. Foto: Unser Berg am Laim

 

Inzwischen sind kaum noch Berg am Laimer Unternehmen, dafür aber umso mehr die Bürger Berg am Laims auf ein funktionierendes Schienennetz und die S-Bahn angewiesen.

Dennoch stellt die Schienenlandschaft auch ein trennendes Element dar: Nur wenige Tunnel und Brücken verbinden Berg am Laim mit den angrenzenden Stadtbezirken Au-Haidhausen, Bogenhausen und Trudering-Riem, was gerade im Berufsverkehr regelmäßig zu erheblichen Engpässen führt.

Auch das ehemalige Bahnbetriebswerk München Ost ist heute längst außer Betrieb. Im Rahmen des Bauvorhabens „Baumkirchen Mitte“ wird auf den verbleibenden Flächen ein Biotop entstehen, Fußgängerstege sollen den Park für Anwohner und Besucher zugänglich machen.