Heilbrunner Straße

6. April 2021

Die geplanten Halteverbote in der Maikäfersiedlung lassen weiterhin die Wellen hochschlagen. Inzwischen liegt eine Stellungnahme vor, die von über 200 Anwohnern unterzeichnet wurde. Sie protestieren damit gegen den Beschluss des Bezirksausschusses, großflächig zeitlich unbegrenzte Halteverbote einzurichten.

Im März hatte der Bezirksausschuss auf Initiative der Abfallwirtschaftsbetriebe München (AWM) die Thematik beraten und mehrheitlich dauerhaften Halteverboten zugestimmt, die den Entfall von mehr als der Hälfte der Stellplätze in der Bad-Kissingen-Straße und der Heilbrunner Straße bedeuten würden.

Lediglich die CSU-Fraktion und die FW/ödp hatten dagegen votiert und auf eine zeitliche Beschränkung der Halteverbotsregelung auf zwei bis drei Vormittage gedrängt, wie dies als Kompromiss vorab vorgeschlagen wurde. Gegen zeitlich unbegrenzte Halteverbote wendet sich nun auch ein Großteil der Anwohner.

Die Stellungnahme im Wortlaut:

„Eine Umsetzung dieses Beschlusses produziert eine Vielzahl von Problemen, verschärft existierende und ist nur realisierbar, wenn er von einem schlüssigen Konzept zur Bewältigung eben dieser Probleme begleitet wird. Das Vorgehen des BA evoziert das Gefühl, dass es hier weniger um das Wohl der Bürger*innen und gutes gesellschaftliches Miteinander geht, sondern um das Erreichen eines abstrakten Ziels – „das pauschale Reduzieren von Parkplätzen in München“ –, das so nicht mit dem konkreten Alltag im Quartier vereinbar ist. Dieses Vorgehen ist um so bedauerlicher, da gerade auf kommunaler Ebene sinnvolle Entscheidungen getroffen werden können, wenn alle Personen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, die mit der Sachlage vertraut und von ihr betroffen sind. In diesem Falle auch die Anwohner*innen.“

Zur Begründung führen die Betroffenen an:

„Die Heilbrunner Straße und die Bad-Kissingen-Straße sind in den 1930er Jahren entstanden. Sie sind schmal, kurz und enden als Sackgassen. Für Anwohner*innen und andere Fußgänger sind sie ein Paradies, da man gefahrlos auf den Straßen gehen kann. Der Verkehr ist ein „ruhender“ und wenn doch hin und wieder ein Auto in die Straßen einfährt, dann im Schritttempo. Anders sieht es für die Fahrer des Abfallwirtschaftsamts (AWM) aus. Doch durch ihr Geschick und das weitgehend korrekte Parken der Bürger*innen sind in den letzten 3 Jahren nur 9 mal Probleme aufgetreten, so hat das AWM protokolliert. Dennoch sind ihnen die Straßen ein Ärgernis, so dass 2018 und dieses Jahr die Bitte an den BA herangetragen wurde, das Problem zu lösen.

Im Rahmen eines Ortstermins, an dem Vertreter*innen vom AWM, des Mobilitätsreferats, der Feuerwehr, der Polizei und Anwohner*innen teilnahmen, wurde ein Kompromiss vom Abfallwirtschaftsamt, Mobilitätsreferat und einer Bewohnerin vorgeschlagen, der allen Seiten – Bewohner*innen wie AWM – gerecht wird. An Tagen von Leerungen sollten die Autos einer Straßenseite vormittags (ca. 7 – 12 Uhr) anderweitig geparkt werden, ein zeitlich begrenztes absolutes Halteverbot also. Im Zuge des Ortstermins wurde gleichfalls festgehalten, dass die Enge der Straßen für die Feuerwehr kein Problem darstellt, da aufgrund der niedrigen Häuserhöhe nur kleinere Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Die Fahrzeuge des Rettungsdienstes haben ebenfalls keine Probleme, durchzukommen. Der anwesende Polizist berichtete zwar von einem Fall, bei dem ein Sanitätsauto aufgrund eines Falschparkers nicht bis an die Haustüre fahren konnte. Aber dass es hin und wieder Falschparker gibt und dass ein Fahrzeug des Rettungsdienstes u.U. nicht immer direkt vor der Haustür eines Patienten halten kann, ist in einer Großstadt Realität und trifft auf viele Bereiche Münchens zu.

Auch vom Unterausschuss Mobilität, Wohnen, Gewerbe, Digitalisierung wurde dem Kompromiss mehrheitlich zugestimmt. Umso verwunderlicher, dass er in der späteren Vollversammlung des BA 14 abgelehnt und einem noch weitergehenden Antrag der Grünen und der SPD zu einem zeitlich unbegrenzten, einseitigen Parkverbot in beiden Straßen und einem zusätzlichen Parkverbot in den Wendehammern (was bisher geduldet wurde) zugestimmt wurde. In Zahlen ausgedrückt: den 94 Haushalten pro Straße stehen dann jeweils nur noch 19 öffentliche Parkplätze zur Verfügung. Diese Entscheidung geht weit über die Wünsche des AWM hinaus und missachtet die Bedarfe der allermeisten Bürger*innen des Quartiers.“

Diese Folgen befürchten die Anwohner bei einer Umsetzung des Beschlusses:

Verschärfung existierender Parkprobleme: die an sich schon wenigen Parkplätze werden nicht nur von Anwohner*innen genutzt. So sind motorisierte Besucher der Gaststätte „Echardinger Einkehr“ darauf angewiesen, in diesen und umliegenden Straßen zu parken, da die Gaststätte selbst keine Parkplätze vorhält. (Obwohl sie als Versammlungsstätte für mindestens 230 Gäste ausgewiesen ist und über 2 Wirtsgärten verfügt). Ebenfalls gibt es viele Parkende, die von hier aus den ÖPNV nutzen. Hinzu kommt, dass der Park&Ride-Parkplatz am Michaeli-Bad demnächst wegfallen wird. Das Problem für die Anwohner*innen wird zusätzlich verschärft, weil sie kaum Chancen auf Stellplätze in den GWG-Tiefgaragen haben. Wie die zu entfallen drohenden Parkplätze kompensiert werden sollen, ist ungeklärt. Und dass Anwohner*innen teils aus beruflichen oder privaten Gründen auf ein Auto und damit auf einen Parkplatz angewiesen sind, bleibt ausgeblendet.

Parksuchverkehr: In die bislang extrem ruhigen Straßen wird in Zukunft Parksuchverkehr und Ein- und Ausladeverkehr Einzug halten, mit allen absehbaren negativen Folgen wie Lärm, höhere Geschwindigkeit etc. Verschärfend kommt hinzu, dass es sich um Sackgassen handelt, was den Verkehr, anders als bei Durchgangstraßen, quasi verdoppelt.

Parkverbot gilt auch für ambulante Pflegedienste: Hier leben Pflegebedürftige, die der täglichen Unterstützung bedürfen. Schon jetzt ist die Parkplatzsuche das Dauerproblem der Pflegedienste, mit der Konsequenz, dass Besuche teils stärker an der Parksituation als am Bedarf der Menschen orientiert sind. Was es bedeutet, wenn mehr als die Hälfte der an sich schon wenigen Parkplätze wegfällt, ist klar.

Zunichtemachen des Engagements für E-Mobilität: Einige Anwohner*innen nutzen E-Autos, die teils mit selbst erzeugtem Strom betankt werden. Und es ist praktizierte Solidarität in der Siedlung, dass angrenzende Nachbar*innen die Parkbucht zum Betanken freihalten. Weitere Wall-Boxen sind geplant oder bereits in Umsetzung begriffen. Nun werden alle Vorhaben gestoppt, um die Entscheidung des Mobilitätsreferats abzuwarten.

Parkverbot für Lasten-Fahrräder: Viele Anwohner*innen besitzen Lasten-Fahrräder oder Fahrräder mit Anhängern, die aufgrund ihrer Größe regelmäßig auf der Straße geparkt werden müssen und dies auch dürfen. Damit fallen auch sie dem drohenden Parkverbot zum Opfer. Was das für die Familien bedeutet, die damit ihre Kinder transportieren, mag sich jede und jeder selbst ausmalen.

Gefährdung des sozialen Friedens: Es ist vorauszusehen, dass das geplante Parkverbot nicht ohne Folgen für das solidarische Miteinander der Anwohner*innen bleibt. Ein noch weiter steigender Konkurrenzdruck bei der Parkplatzsuche kann immer weniger durch gegenseitige Rücksichtnahme und ausgeklügelte Absprachen entschärft werden.“

Insgesamt sei eine bessere Einbeziehung der Betroffenen in Entscheidungen nötig:

„Wer einen Blick in die drohende Zukunft der Maikäfersiedlung wagen möchte, sollte sich in Bogenhausen inspirieren lassen. Auch hier hat das Mobilitätsreferat in einer wie Anwohner*innen sagen „Nacht-und-Nebel-Aktion“ ein einseitiges absolutes Parkverbot errichtet. Die Anwohner*innen wurden weder informiert noch in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Eine Bürgerinitiative hat inzwischen Unterschriften gesammelt, um gegen die unerträgliche Situation im Quartier zu protestieren. Der Bezirksausschuss wurde eingeschaltet. Man darf auf seine Entscheidung gespannt sein.

Ein „verkehrsreduziertes“ Stadtleben ist eine wichtige Zukunftsperspektive angesichts existierender Probleme. Aber es kann nur realisiert werden, wenn an den konkreten Bedingungen der Quartiere angesetzt wird und diese in die Strategieentwicklung mit einbezogen werden. Es bedarf eines gut durchdachten und des jeweiligen Quartiers angepassten Mobilitätskonzepts, das Lösungen für die genannten Probleme vorsieht. Eine Abschaffung möglichst vieler Parkplätze unter Vernachlässigung des jeweiligen Kontexts im „Gießkannen-Prinzip“ und als „Nacht-und-Nebel-Aktionen“ ohne (Be- )Achtung der Stimme der Bürger*innen schafft mehr Probleme als Lösungen. Und in diesem Fall ist sie eine „Ohrfeige“ für alle, die sich für eine einvernehmliche Lösung eingesetzt haben. Und es ist eine klare Absage an Partizipation und an das Engagement der Bürger*innen.

In diesem Sinne lehnen weit über 90 % der Anwohner*innen das einseitige absolute Parkverbot in beiden Straßen ab.“